Jagd und Naturschutz – ein Widerspruch?

Warum jagen wir? Bei aller Freude an der Jagd im Allgemeinen, an einem guten Schuss und natürlich auch am Beute machen, sind für viele Jäger die Anforderungen der Land- und Forstwirtschaft ein wesentlicher Grund auf die Jagd zu gehen. Da gibt es Verbissgutachten, in denen Waldschäden durch Wildtiere, bei uns meist Rehe, angeprangert werden. In der Landwirtschaft „wüten“ Wildschweine besonders dramatisch. In beiden Fällen ist der Jäger gefragt, den Wildbestand so zu bejagen, dass Land- und Forstwirtschaft möglich sind. Wenn sich trotzdem Wildschweine über ein Maisfeld hergemacht haben, muss nicht selten der Jäger den sogenannten Wildschaden zahlen.

Eine Selbstregulierung von Reh und Wildschwein ist bei einem durch die Landwirtschaft reich gedeckten Tisch nicht zu erwarten. Auch von größeren Raubtieren, wie Wolf oder Luchs, ist kaum Hilfe zu erwarten. Diese Raubtiere werden sich dort am wohlsten fühlen, wo hohe Beutetierbestände leben. „Lohnt“ die Jagd nicht mehr, ziehen Wolf und Luchs weiter und die Beutetiere nehmen wieder zu. Wolf und Luchs sind nicht in der Lage dauerhaft für Reh- und Wildschweinbestände zu sorgen, die einem Land- oder Forstwirt genehm sind. Hier ist der Jäger gefragt.

Die Jagd dient demnach laut Bayerischem Jagdgesetz, Artikel 1, auch dazu:

Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden, insbesondere soll die Bejagung die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen (…)

Fuchs, Foto: Dr. Stefan Tewinkel

Darüber hinaus kann und soll die Jagd aber auch die Belange des Naturschutzes berücksichtigen. Das Jagdrecht überträgt dem Jäger auch Verantwortung für viele Tierarten, die nicht bejagt werden dürfen. Beispielhaft seien hier die Greifvögel oder auch die Raufußhühner, etwa das Birkhuhn, genannt, die zwar dem Jagdrecht unterliegen, aber ganzjährig geschont werden. Das Birkhuhn kommt in der Rhön vermutlich nur noch deswegen vor, weil Jäger seine Fressfeinde, insbesondere den Fuchs, intensiv bejagen. Wissenschaftliche Untersuchungen aus England zeigen für Bodenbrüter wie das Rebhuhn ein ähnliches Bild. Hier konnte ein positiver Effekt auf die Populationen dieser auch bei uns bedrohten Art durch die intensive Bejagung von Füchsen und Rabenvögeln erzielt werden.

Der Jäger auf der Pirsch erlebt sein Jagdrevier natürlich auch als Lebensraum für viele andere Tiere. So tummeln sich in naturnahen Ecken seines Reviers nicht selten zahlreiche Frösche, Schlangen, Eidechsen, seltene Schmetterlinge, Libellen und viele andere schützenswerte Tier- aber auch Pflanzenarten. Dem verantwortungsbewussten Jäger bieten sich hier natürlich zahlreiche Möglichkeiten, beispielsweise durch den Erhalt von Feuchtgebieten oder die Wiederherstellung naturnaher Strukturen seinen Beitrag zum Naturschutz zu leisten.

Jagd und Naturschutz können deshalb im Einklang stehen. Zum Nutzen unserer gesamten Tier- und Pflanzenwelt.

Dr. Stefan Tewinkel

Hermelin

Hermelin, Foto: Dr. Stefan Tewinkel